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Generation Smartphone: Warum es manchmal wichtig ist, das Handy beiseite zu legen…

Während meiner Reise durch Europa 2015 ist mir bewusst geworden, dass auch ich einer Generation angehöre, die ihr Handy eigentlich ständig im Fokus der Aufmerksamkeit hat. Sie nennt sich wohl „Generation Smartphone“ und während ich nun quer durch Europa unterwegs war, ist mir genau das Verhalten an anderen Menschen meines Alters aufgefallen, was ich selbst nur allzu gerne an den Tag gelegt habe. Erschreckend sind dabei meiner Meinung nach zwei Dinge, die sich leider zunehmend negativ entwickeln:

  1. Wir fragen nicht mehr Einheimische nach dem Weg, wir fragen unser Handy.
  2. Wenn wir wissen wollen, wo der nächste Supermarkt oder die nächste Tankstelle ist, so weiß es unser Handy garantiert.
  3. Folglich findet weniger Kommunikation mit den „Locals“ statt und uns entgehen dadurch sicherlich manche wertwolle Tipps.

In Zeiten des schnellen Internets nutzt die „Generation Smartphone“ ihren elektronischen Begleiter in nahezu allen Lebenslagen. Es wird gepostet, geliked und geappt, doch das Wesentliche bleibt dabei oft auf der Strecke: Die persönliche Interaktion mit Menschen und die Wahrnehmung des Umfelds um uns herum. Vor einiger Zeit habe ich dazu einen interessanten Zeitungsartikel in der Süddeutschen Zeitung gelesen. Es ging um den „Smartphone Nacken“. Wir alle haben ihn längst, mehr oder weniger, weil wir zu oft und zu lange nur nach unten schauen, auf den kleinen elektronischen Begleiter in unserer Hand. Natürlich kann das Smartphone auf Reisen auch hilfreich sein, gar keine Frage, aber, und das ist nun einmal auch Fakt, früher ging es doch auch ohne und die Menschen sind auch wunderbar zurecht gekommen. Sie haben einfach einen Stadtplan oder den guten alten Reiseführer zur Hand genommen, um sich zu orientieren. Manchmal wünsche ich mir diese Zeit ein wenig zurück, um ehrlich zu sein.

Fotos analog

Ein anderes Beispiel: In meiner Kindheit war es noch nicht möglich immer und überall Fotos mit dem Handy zu machen, sie zu löschen, nur um dann wieder neue Fotos zu machen. Nein, wir hatten Fotokameras mit Filmen, die maximal 36 Fotos zuließen. Heißt also, man musste sich ganz genau überlegen, welches Foto man aufnehmen wollte, denn irgendwann war besagter Film einfach voll. Das Fotomotiv wurde also mit Bedacht ausgewählt und man musste letztlich darauf hoffen, dass auch jedes Foto in der Entwicklung später etwas geworden war, denn sonst wäre die Erinnerung weg gewesen. Es ist für mich noch gar nicht soooo lange her, da habe ich mich richtig darauf gefreut, die Urlaubsfotos nach dem Urlaub entwickeln zu lassen und dann meist sorgfältig in ein Fotoalbum einzukleben.
Heute wird alles auf dem Handy oder der Digitalkamera festgehalten, das Ergebnis ist sofort sichtbar und kann bei Bedarf direkt wieder gelöscht werden. Manchmal Fluch und Segen zugleich, oder?

Mit dem Finger über die Landkarte

Fragt man seine Eltern oder Großeltern, wie sie früher gereist sind, so erhält man vielleicht oft die Antwort „Zunächst mit dem Finger über die Landkarte.“ Richtig, um überhaupt erst einmal am gewünschten Ziel anzukommen. Damals gab es noch kein Navigationssystem oder eine App auf dem Smartphone, die uns schön bequem diktiert, wo wir lang fahren sollen. Nein, damals hat man noch Landkarten und Straßenatlanten gelesen. Wenn man also mit dem Auto unterwegs ist, einfach das Navigationssystem zu Hause lassen und die Bequemlichkeit am besten direkt auch. Urlaub fängt mit einer guten Planung an und selbst wenn man keine gute Planung hat, so hat es doch auch etwas Spannendes sich nach und nach dem Ziel zu nähern. Auch wenn es am Ende vielleicht länger dauert, bis man ohne Navigationssystem an seinem Ziel ankommst, so hat man im besten Fall ein paar gute Gespräche geführt, indem man andere nach dem Weg gefragt hast. Bravo! Schritt zwei unserer „Enttechnisierung“ erfolgt dann, wenn wir den Zielort erreicht haben. Wir brauchen keine App, die uns die tollsten Attraktionen einer Stadt zeigt:

Tipp:
Egal in welcher Stadt du bist, besorge dir unbedingt einen Stadtplan. Am besten in der örtlichen Touristeninformationen. Setz dich in ein Café und überlege dir in Ruhe, was du dir ansehen möchtest.


Einfach mal „offline“ sein

Doch zurück zur „Generation Smartphone“, zu der ich mich, wie bereits erwähnt, auch zähle.
Während meiner Reise habe ich eine Art Selbstversuch gestartet, mit dem Resultat, dass ich nun wesentlich entstresster bin. Zumindest, was den Umgang mit den sozialen Netzwerken angeht.
Dieser Versuch bezog sich auf all die Social Messenger, die ich nur allzu gut und gerne genutzt habe. Es ging mir gar nicht darum, den Gebrauch komplett einzustellen, weil es gerade auf Reisen eine gute Möglichkeit ist, um mit Freunden und Familie in Kontakt zu bleiben, doch jetzt kommt das große ABER: Ich wollte mich nicht mehr ständig dem Druck aussetzen immer erreichbar zu sein und auch immer sofort auf eine Nachricht antworten zu müssen.
Also, habe ich zunächst alle unnötigen Apps gelöscht. Bei der wohl derzeit wichtigsten Social Messenging App habe ich zwei wesentliche Änderungen meiner Einstellungen vorgenommen:

  1. Online-Status: Niemand kann mehr sehen, wann ich zuletzt online war.
  2. Es werden von mir keine Lesebestätigungen (blaue Häkchen) mehr versendet.

Der Grund, weshalb ich diese Änderungen vorgenommen habe, war jener, dass ich keine Lust mehr hatte mir anzuhören „Du warst online, aber hast gar nicht auf meine Nachricht geantwortet!“ Derartige Kommentare gingen mir wirklich gegen den Strich und auf die Nerven, sodass ich fortan selbst entscheiden wollte, wann ich Nachrichten lese und wann ich auf Nachrichten antworte. Doch erst recht im Urlaub. Das ganze Prozedere hat letztlich dazu geführt, dass ich wiederum auch nicht mehr von anderen erwarte im besten Fall sofort auf meine Nachrichten zu antworten. Letztlich spielt es doch überhaupt gar keine Rolle, wann jemand auf meine Nachricht antwortet. Gedanken machen müsste ich mir erst, wenn derjenige überhaupt nicht mehr auf meine Nachrichten antwortet. Bis dahin gilt: Wenn derjenige Zeit und Lust hat, wird er schon antworten und genau so verhalte ich mich inzwischen auch. Somit habe ich mich während meiner Reise wesentlich entstresster gefühlt und daran hat sich bis heute nichts geändert.

Außerdem ist man doch gerade im Urlaub vielmehr damit beschäftigt, Dinge anzusehen oder einfach nur seine Umgebung wahrzunehmen.

Selfie hier, Selfie dort…

Ein weiteres, meiner Meinung nach negatives, Phänomen, das ich auf meinen Reisen in extremer Form entdeckt habe, ist dieses ständige Sich-selbst-fotografieren. Neudeutsch „Selfie“! Selfie hier, Selfie dort. Es werden nur noch Selfies gemacht, schlimmstenfalls auch noch mit sogenannten „Selfie-Sticks“, extra für diese Form des Sich-selbst-in-Szene-setzens angefertigte Stangen, die uns den viel zu kurzen Arm verlängern. Somit werden Selfies überall und zu jeder Zeit aufgenommen: Vor jeder Touristenattraktion, im Bus, in der Metro, im Flugzeug, einfach überall. Früher hat man auch einfach mal jemanden gefragt, ob er beim Fotografieren behilflich sein könnte. Aber auch in diesem Punkt scheinen immer mehr Menschen die Kommunikation mit anderen einzustellen.
Eine traurige Entwicklung, wie ich finde.

Wie kommen wir also heraus aus diesem Dilemma? Ganz einfach: Das Handy einfach mal für eine gewisse Zeit ganz ausschalten, um sich und seine Umgebung wieder bewusster wahrzunehmen. Das heißt natürlich nicht, dass man es danach nicht auch wieder anschalten darf. Es geht nicht um generellen Verzicht, sondern um bewusstere Dosierung.